Wildflora
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Pflanzenübersicht in der Hayner Burg
Zum guten Schluß

Schützenswerte Wildflora

Für den aufmerksamen Pflanzenfreund ist die Standortvegetation des Hayner Burggartens ungewöhnlich und überraschend artenreich. Die Mauern sind noch an vielen Stellen mit Mauerraute, Streifenfarn, Zymbelkraut, Schöllkraut, Mauerpfeffer, sogar mit Natternkopf besiedelt. Vieles wird wahrscheinlich durch dringend notwendige Restaurierungsarbeiten verloren gehen.

Unter den Haselbüschen an der westlichen Burgmauer findet sich im April ein herrlicher Blütenteppich aus Pflanzenarten, die jetzt z.T. unter Naturschutz stehen und in der näheren Umgebung kaum zu finden sind. Wer weiß, vielleicht wurden sie schon vor Jahrhunderten von Burgbewohnern in Hausnähe gehalten, z.B. Aronstab, Weinberglauch, Lerchensporn, Wohlriechendes Veilchen... sie sind alle uralte Heilpflanzen!.

Obwohl die Sommermonate mit den Massenveranstaltungen unserer Tage oft die Hoffnung schwinden lassen, daß die Wildkräuter im nächsten Jahr noch am Leben sind, beglücken sie in den ersten warmen Frühlingstagen immer aufs neue.

Ein Kapitel für sich ist der Efeu (Hedera helix L.), neben Holunder (Sambucus nigra L.) und Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus L.) eine Charakterpflanze der Hayner Burg. Durch gigantisches Höhen- und Breitenwachstum erobert er mit seinen manchmal armdicken Ranken immer weitere Flächen der Ruine und klettert in die Wipfel alter Bäume. Er soll das Alter von mehreren hundert, mitunter sogar tausend Jahren erreichen können. Schützt er oder zerstört er? Die Zeit wird es weisen.

Eine Pflanzenart, die dem Efeu hoch oben in den Turmwänden oft seit Jahrzehnten Trotz bietet, ist die Buschrose (R. corymbifera), die hartnäckig aus den Mauerritzen sprießt und ihren Platz verteidigt. Unbehelligt wächst und gedeiht sie seit Menschengedenken auch an der Mauerbrüstung der Burgbrücke. Hier hat der Wildrosen-Liebhaber die günstige Gelegenheit, sie aus nächster Nähe zu betrachten.

Was viele Burggartenbesucher verwundert, sind die beiden verschiedenen Blattformen des Efeus. Junge Ranken haben fünfeckig gelappte Blätter. Nach etwa 10 Jahren zeigt sich die sog. "Blühreife": die Blätter an den blühenden Sprossen sind jetzt rhombusförmig bis oval zugespitzt und ganzrandig.

Der Efeu blüht merkwürdigerweise im Herbst und trägt im Frühjahr giftige blauschwarze Beerenfrüchte. Den ganzen Sommer über rieseln die reifen Samen auf den Boden und werden durch Vögel in die entferntesten Ecken verschleppt. Schnell keimende und Ranken treibende Saat kann für den Restaurator und besonders für den jätenden Gärtner zur unbeschreiblichen Plage werden. Durch die Turmrestaurierung 1991/92 mit Abschälung der meterdicken Efeuschicht ist nicht nur das Mauerwerk in seiner Schönheit wieder sichtbar gemacht worden. Auch Kräutergarten und Kletterrosen sind nun um so ansehnlicher und leiden nicht mehr unter dem starken Wasserentzug durch den Wurzelfilz von einer einzigen uralten Efeupflanze, die den ganzen Turm überwuchert hatte. Nistplätze finden Vögel nicht nur im Efeu, auch das Geäst der mächtigen Kletterrosen verschmähen sie nicht.

Zu den naturschutzwürdigen Pflanzenarten kann der Efeu eigentlich nicht gezählt werden, ebenso wenig wie der im Burggelände häufig auftretende Holunder. Doch schon seit Urzeiten hatten beide große Bedeutung als vielseitig verwendbare Heil- bzw. Nahrungsmittel. Jeder Bauernhof hatte früher den "Holderbaum" vor der Haustür, unentbehrlich als Universalmedikament für den Alltag. Auch Blitze sollte er angeblich abwehren. Für die Vogelwelt und die Insekten hat er noch heute eine große ökologische Bedeutung. Ließe man ihm aber im Burggarten freien Lauf, würde er ihn bald in den Zustand nach der Jahrhundertwende zurückversetzen. Alte Fotografien von der Ruine zeigen nämlich einen blühenden Holunder-Urwald, der wohl - trotz allem - seinen romantischen Charme hatte (siehe dazu Lore Wirth "Bäume im Hayn").

Außerhalb der Burgruine, am Weiherufer, nahe der einzigen noch erhaltenen Wand des Viereckturms, steht übrigens ein seltener Baum: eine nicht bastardierte Schwarzpappel (Populus nigra L.). Sie erhielt 1992 den Titel "Naturdenkmal". Baumfreunde finden Näheres über sie in einem ausführlichen, neubearbeiteten Info-Heft, das an der Museumskasse kostenlos erhältlich ist.

Unser Rundgang nähert sich seinem Ende. Die zahlreichen Bänke, die "Burgbeiz" als gemütliche Gartenwirtschaft neben dem Museum und der Rosenhag laden den Spaziergänger zum Verweilen ein und vielleicht auch zum ausgiebigeren Studium der Pflanzenlisten im Anhang (dieses Büchleins). Gerade die stillen Stunden des Vormittags (vor und nach der Theatersaison!) seien als besonders erholsam und stimmungsvoll empfohlen. Das Vogelgezwitscher in den Efeuranken, das Schweben der Turmfalken in der blauen Luft, das Summen der Bienen im Kräutergarten und die duftende Blütenlast der Kletterrosen nähren in jedem Sommer die Illusion, man säße in einem wahren "Paradiesgärtlein".

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